Station 4
Henninger-Reifbräu AG
Standort: Hauptstraße 55
seit 1875 größte Erlanger Exportbrauerei
1906 Fusion mit der Reifbrauerei
1974–76 Einstellung des Braubetriebs, Abbruch und Errichtung des Altstadtmarkts
Die Verwaltungszentrale der Brauerei beim Bergkirchweihjubiläum 1955
Foto | Stadtarchiv
Die Häuser Hauptstraße 55 und 57 waren seit 1882 baulich zusammengefasst. Im Erdgeschoss befand sich die Verwaltung der Brauerei, im Obergeschoss die Direktorenwohnung.
Auf dem Gelände des Altstadtmarkts befand sich früher die „Henninger-Reifbräu AG“. Sie ging aus der Brauerei Henninger hervor, die in der Blütezeit des Erlanger Bierexports um 1875 zur größten Brauerei aufgestiegen war. Die Fusion mit der „Reifbräu“ 1906 brachte vorübergehend Umsatzrekorde, ohne den allmählichen Niedergang der Erlanger Brauindustrie aufhalten zu können. 1974 wurde der Sudbetrieb eingestellt.
Auf dem heutigen Areal des Altstadtmarkts wird seit Beginn des 18. Jahrhunderts Bier gebraut. Unter den Familien Henninger (ab 1816) und Helbig (ab 1861) entwickelte sich das Brauhaus von einem handwerklichen Sudbetrieb hin zur industriellen Großbrauerei. Als die Erweiterungsmöglichkeiten im Bereich zwischen der Haupt- und Kuttlerstraße ausgeschöpft waren, wuchs die Brauerei nach Westen über die Stadtmauer hinaus bis zur Eisenbahn hin. Dampfmaschinen, große Kelleranlagen unter der Brauerei und am Berg, eine große Mälzerei an der Vierzigmannstraße und eine eigene Kühlwaggonflotte für die Eisenbahn förderten den Aufstieg.
Ab 1875/76 nahm die Henninger-Brauerei die Spitzenposition unter den fünf großen Erlanger Exportbrauereien ein. 1906 erfolgte der Zusammenschluss mit der Reif-Brauerei, die ihr Areal zwischen der Unteren Karlstraße und Universitätsstraße aufgab. Dank der Fusion konnte die Aktiengesellschaft ihre führende Stellung für einige Jahre weiter ausbauen.
Nach dem Ersten Weltkrieg verlor die Henninger-Reifbräu AG wie die meisten Erlanger Sudstätten auf dem deutschen und internationalen Markt an Bedeutung. Der lange Abstieg endete mit der Übernahme durch die Nürnberger Patrizier-Bräu, die den Braubetrieb 1974 einstellte und den Standort aufgab.
Die Stadt erkannte die Chance, auf dem ausgedehnten Brauereigelände ein modernes Einkaufzentrum zu schaffen, das ein Gegengewicht zu den großen Einzelhandelsgeschäften bilden sollte, die zwischen Hugenottenplatz und Neuem Markt entstanden waren. Das Areal wurde an einen Investor verkauft, der die alten Brauergebäude 1975 abbrechen ließ und noch im gleichen Jahr mit dem Neubau begann. Nach nunmehr 40 Jahren ist der Altstadtmarkt freilich in die Jahre gekommen. Neueste Entwicklungen lassen darauf schließen, dass die frühere Erlanger Brauerei Weller hier auf historischem Boden ihr Comeback feiern wird.
Werbeplakat der H. Henninger-Reifbräu AG, um 1906
Farblithographie | Stadtarchiv
Das Plakat verleiht den Brauereigebäuden eine imponierende Größe, während die Menschen ameisenhaft klein erscheinen. Die rauchenden Schlote, die voll beladenen Fuhrwerke und der Bierzug im Hintergrund sind weitere Zeichen des Erfolgs.
Lagerfässer an der Westlichen Stadtmauerstraße, um 1936
Farbfoto: Johannes Junge | Privatbesitz
Die großen Lagerfässer wurden nach dem Waschen im Freien getrocknet. Die alte Westliche Stadtmauerstraße stieg im Bereich der Ladebühne deutlich in südlicher Richtung an.
Hauptstraße 55, um 1975
Foto | Stadtarchiv
1973 erwarb die Stadt Erlangen den Brauereikomplex von der Patrizier-Bräu, um ihn an einen Investor zu veräußern, der den Bau des Altstadtmarkts in die Hand nahm. In dieser Übergangszeit wurde das ehem. Verwaltungsgebäude von einer Diskothek genutzt.
Eingang zum neuen Altstadtmarkt, 1976
Foto: Stümpel | Stadtarchiv
Bei Errichtung des Altstadtmarkts wurde der Häuserkomplex Hauptstraße 55/57 abgebrochen. Nur die historische Fassade blieb weitgehend erhalten. Neben dem barocken Portal wurde ein neuer zweiter Eingang geschaffen.
Innenbereich des neuen Altstadtmarkts, 1976
Foto: Stümpel | Stadtarchiv
Die Westliche Stadtmauerstraße wurde beim Bau des Altstadtmarkts seitlich verschoben, tiefer gelegt und überbrückt. So konnte die vordere Ladenpassage mit dem rückwärtigen Einkaufszentrum verbunden werden.
Freitreppen im neuen Altstadtmarkt, 1976
Foto: Stümpel | Stadtarchiv
Im Obergeschoss des Hauptgebäudes befand sich damals ein Einrichtungscenter, im Souterrain ein Verbrauchermarkt und im Untergeschoss ein großer Baumarkt. Außerdem wurden Parkmöglichkeiten durch die heute noch existierende Tiefgarage geschaffen.